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18.10.2015
Wer schreibt, der bleibt!
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 14.11.2014 alle Unternehmer seit dem 01.01.2015 vor neue Herausforderungen für den Umgang mit der Buchführung gestellt. Ihre Softwareunternehmen und auch die DATEV werden die Anforderungen des BMF vermutlich im Laufe dieses Jahres bereits umgesetzt haben oder zu Beginn des Jahres 2016 umsetzen. Die neuen Anforderungen nennen sich GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff). Hiervon sind nicht nur die nach Handels- und Steuerrecht Buchführungspflichtigen betroffen, sondern erstmals die nicht Buchführungspflichtigen, so auch die Freiberufler, wie Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte und Steuerberater.
Mit den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff löst das Bundesministerium der Finanzen die GoBS (Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme) sowie der GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) ab. Es wird nicht etwas vollkommen Neues geschaffen sondern vereinheitlicht, der aktuellen Situation in unserer IT-Welt angepasst und zusätzlich ergänzt.
Wobei auch hier noch einmal der Hinweis gilt: Betroffen sind hiervon nun auch die Einnahmen-Überschussrechner, so auch alle Freiberufler, wie Ärzte, Zahnärzte etc. Für sie ist es etwas Neues. Bei Ihnen in den Praxen entsteht Anpassungs- und Handlungsbedarf.
Die GoBD sind allerdings kein Gesetz, sondern ein Erlass des BMF. Als Erlass ist das Schreiben für die Finanzverwaltung - und somit auch für die Betriebsprüfer - bindend. Es wird über diese Institution geprüft, ob die Buchführung der Ordnungsmäßigkeit entspricht. Betriebsprüfungen laufen bereits seit einiger Zeit formalisiert und elektronisch ab. Damit rückten und rücken zukünftig noch mehr formelle Fehler bei den Buchführungspflichten der Steuerpflichtigen in den Fokus der Finanzverwaltung, die bei Verstößen zunehmend zu willkürlichen Hinzuschätzungen genutzt werden.
Von Zuschätzungen durch die Betriebsprüfer wurde in der Vergangenheit bereits rege Gebrauch gemacht. Nun, durch die neuen für die Prüfer verbindlichen GoBD, sinkt deren Ermessensspielraum. Sie müssen bei Verstößen gegen die GoBD die Buchführung für nicht ordnungsgemäß erklären und müssen einen Unsicherheitszuschlag hinzuschätzen. Bei Mehrergebnissen von insgesamt 17 Mrd. € in 2014 kommt der Erlass den 13.533 Betriebsprüfern sehr willkommen.
Die Finanzverwaltung bezweckt mit diesem Erlass, dass die Führung von Büchern zeitnah erfolgt und Aufzeichnungen nachträglich nicht verändert werden können. Erkennen Prüfer einen formellen Verstoß gegen die Ordnungsmäßigkeit, dann unterstellen sie, dass eine Ordnungsmäßigkeit nur deshalb nicht vorliegt, weil die Buchführung zur Steuerersparnis manipuliert wurde. Als Nebeneffekt will die Finanzverwaltung die Prüfungen durch elektronische Daten und Belege effizienter für den Einsatz der eigenen Prüfsoftware machen.
Ihre Buchführung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung dann ordnungsgemäß, wenn sie Ihre Geschäftsvorfälle nachvollziehbar und nachprüfbar, vollständig, richtig, zeitgerecht, unveränderbar und geordnet abbildet und anschließend gebucht und verarbeitet wird. Diese Grundsätze müssen während der Dauer der Aufbewahrungsfrist (mindestens 10 Jahre) nachweisbar erfüllt und erhalten bleiben (Randziffer (Rz.) 27). Das gilt für elektronische wie für manuelle geführte Bücher und Aufzeichnungen gleichermaßen.
Nach Rz. 21 sind allein Sie als Steuerpflichtiger für die Ordnungsmäßigkeit verantwortlich (kein Dritter, z.B. der Steuerberater).
Nachfolgend werden die Grundsätze mit Quellenbezug zum BMF-Schreiben näher beleuchtet, damit Sie Ihren Buchführungsablauf daraufhin überprüfen können.
Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit:
Die Aufzeichnungen sowie die Buchführung müssen durch einen Beleg nachgewiesen werden können (Belegprinzip / Beweisbarkeit). Liegt Ihnen kein (fremder) Beleg vor, so ist ein Eigenbeleg zu erstellen. Alle Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung lückenlos verfolgen lassen (progressive und retrograde Prüfbarkeit = Nachprüfbarkeit vom Beleg über die Gewinnermittlung bis hin zur Steuererklärung und umgekehrt (Rz. 33)). Um diesen Grundsatz zu gewährleisten, hat die Rechtsprechung Mindestangaben entwickelt. Dazu gehören die Belegnummer, der Betrag und das Belegdatum. Darüber hinaus können weitere Angaben erforderlich werden, z.B. nach dem Umsatzsteuergesetz die Angaben auf Rechnungen.
Grundsätze der Wahrheit, Klarheit und fortlaufenden Aufzeichnungen:
Die Geschäftsvorfälle sind vollzählig und lückenlos aufzuzeichnen (Einzelaufzeichnungspflicht (Rz. 36)). Jede Betriebseinnahme, jede Betriebsausgabe, jede Entnahme und jede Einlage sind mit Betrag, der Anschrift des Geschäftspartners und dem genauen Inhalt des Vorgangs zu dokumentieren. Dies gilt grundsätzlich auch für Barzahlungen. Bei planlosem Sammeln und Aufbewahren von Belegen verwirft die Finanzverwaltung die Ordnungsmäßigkeit Ihrer Buchführung ebenso, wie bei einer unzureichenden Dokumentation von umsatzsteuerfreien und –pflichtigen Umsätzen (Rz. 54 und 55).
Grundsatz der Richtigkeit:
Die Vorgänge in der Praxis sind in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen und im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften inhaltlich zutreffend durch Belege abzubilden, der Wahrheit entsprechend aufzuzeichnen und bei kontenmäßiger Abbildung zutreffend zu kontieren (Rz. 44).
Zeitgerechte Buchungen und Aufzeichnungen:
Jeder Geschäftsvorfall ist möglichst unmittelbar nach seiner Entstehung zu erfassen und laufend zu buchen. Es ist nicht zulässig, sich zunächst auf die Sammlung von Belegen zu beschränken und erst nach Ablauf einer langen Zeit aufgrund dieser Belege die Bücher zu führen. Eine geordnete und übersichtliche Belegablage kann die Grundbuchaufzeichnungen erfüllen (Rz. 46). Eine geordnete Ablage ist das Mindeste, was in der Praxis erfüllt werden muss. Eine Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen innerhalb von zehn (!) Tagen hält die Finanzverwaltung für unbedenklich (Rz. 47). Bareinnahmen und –ausgaben sind täglich festzuhalten. Erfolgt die Erfassung von unbaren Geschäften bis zum Ablauf des Folgemonats, ist dieses Vorgehen in Praxen nicht zu beanstanden, die periodenweise buchen. Voraussetzung für diese Erleichterung ist, dass durch organisatorische Maßnahmen (z.B. laufende Belegnummerierung) die Unterlagen bis zu ihrer Erfassung nicht verloren gehen. Zwingend erforderlich ist die Zuordnung der Geschäftsvorfälle zum Geschäftsjahr und die Protokollierung jeder Änderung. Bei einer zeitlichen Verzögerung zwischen Erfassung und Buchung von bis zu zwei Monaten ist die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nur dann erfüllt, wenn die Belege vorher fortlaufend richtig und vollständig in den Grundaufzeichnungen festgehalten werden (Rz. 52). Beachten Sie hierzu unsere unten stehende Empfehlung.
Durch Ihre Tätigkeit als Arzt oder Zahnarzt unterliegen Sie neben steuerlichen Aufzeichnungspflichten auch branchenspezifischen Aufzeichnungspflichten (Berufsordnung, Sozialgesetzbuch (SGB) V, Goldbuch, Zeiterfassung Ihrer Mitarbeiter/Stundenzettel, Dokumentation der Auszahlung von Prophylaxezuschüssen, ...). Diese sind neben den steuerlichen Pflichten einzuhalten und werden Gegenstand von Betriebsprüfungen. Als Beispiel seien die Mehrkostenvereinbarungen genannt, die schriftlich mit dem Patienten festzuhalten sind. Diese sind im Rahmen der Betriebsprüfung dem Prüfer vorzulegen und werden von ihm mit den Praxiseinnahmen abgeglichen. Damit beginnen die GoBD bereits in Ihrer Praxis und nicht erst im Steuerbüro ihre Wirkung zu entfalten (Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer und Papierform). Sie betreffen alle rechtlichen und wirtschaftlichen Vorgänge, die innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts Einfluss auf den Gewinn und die Vermögenszusammensetzung Ihrer Praxis haben (Geschäftsvorfälle).
Grundsatz der Unveränderbarkeit:
Aufzeichnungen dürfen nicht in der Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist (Rz. 58). Der ursprüngliche Inhalt muss feststellbar sein. Sind elektronische Dokumente und Unterlagen in der Praxis selbst entstanden oder dort eingegangen, dann unterliegen sie im Original (!) der Aufzeichnungspflicht (Rz. 119). So ist z.B. eine Telefonrechnung, die als PDF in die Praxis gelangt und dort ausgedruckt wird, im Original, also als Datei, zu speichern und mindestens 10 Jahre aufzubewahren. Der Grundsatz der Unveränderbarkeit wird durch aufzubewahrende Verarbeitungsprotokolle und eine Verfahrensdokumentation (QM Handbuch) erfüllt. Gebuchte Belege in Journalen sind gegen Veränderung oder Löschung zu schützen (Rz. 92). Sie sind festzuschreiben.
Die Buchführung umfasst aber nicht nur den Eingang von Lieferantenrechnungen sondern auch das Schreiben von Angeboten und eigenen Rechnungen. Mit dem Einsatz Ihrer Praxissoftware erzeugen Sie damit auch Datensätze die unter die GoBD fallen. Datensätze können ebenfalls von Geräten (z.B. Cerec) erzeugt werden. Solche „Vor- und Nebensystemen“ bilden die Grundlagen Ihrer Buchführung und fallen ebenfalls unter die GoBD. Für alle diese Datensätze gilt: sie sind unveränderbar zu belassen und damit festzuschreiben.
Vieles von dem Vorgenannten wird sicherlich (zunächst) nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Doch werden für den Prüfer mehrere Verstöße gegen die GoBD offensichtlich, dann steigt das Risiko von Hinzuschätzungen enorm.
Da Sie für die Ordnungsmäßigkeit verantwortlich sind, empfehlen wir die Prüfung und Organisation Ihrer Buchführung. Nachfolgend erhalten Sie zusammengefasst eine Empfehlungs-Checkliste, die Sie für die Gestaltung Ihrer Formalien und die Wappnung für zukünftige Betriebsprüfungen unterstützen soll. Nutzen Sie den Jahreswechsel:
- Befolgen Sie den Grundsatz: Keine Buchung ohne Beleg; nötigenfalls erstellen Sie Eigenbelege.
- Legen Sie Ihre Belege laufend und zeitnah ab (keine Schuhkarton-Ablage).
- Erstellen Sie Ihre Buchführung monatlich.
- Achten Sie insbesondere auf eine vollständige und sichere tägliche Dokumentation Ihrer baren Geschäftsvorfälle (z. B. Kassen- und Barbelege).
- Bewahren Sie sämtliche Aufzeichnungen, Belege, Bücher, Dokumente, die als Grundlage und/oder Bestandteil Ihrer Geschäftsvorfälle zu sehen sind im Original (kann Papier aber auch Dateiformat sein) mindestens 10 Jahre auf.
- Schützen Sie Dateien, die Ihrer Buchführung dienen vor Unveränderbarkeit bzw. sorgen Sie für die Dokumentierbarkeit bei Veränderung.
- Erweitern Sie Ihr Qualitätsmanagement Handbuch um einen Verfahrensablauf Ihres Belegein- und -ausgangs sowie um Hinweise zum Umgang mit den Belegen (Belegablage) in elektronischer und Papierform (wie wird der Beleg empfangen, erfasst, verarbeitet, ausgegeben, und aufbewahrt, etc. (Rz. 136)).
- Dokumentieren Sie die Stornierung von Rechnungen mit Begründung und lassen Sie somit keine Lücke in Ihrer Rechnungsnummernfolge entstehen.
- Setzen Sie selbst oder lassen Sie offene Rechnungen gegenüber Ihren Patienten im Zweifel durchsetzen; dokumentieren Sie die Uneinbringlichkeit von offenen Rechnungen aufgrund beispielsweise Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz Ihrer Patienten.
- Achten Sie bei Ihrer Praxissoftware, digitaler Dokumentenarchivierung/-speicherung auf die Revisionssicherheit der Dateien, d. h. mögliche Änderungen müssen dokumentiert werden und die Änderung muss zur Originalversion erkennbar sein.
- Setzen Sie auf den Einsatz elektronischer Dokumentation und Buchführung, wie z.B. von Praxis Online, unserem Belegarchivierungs- und Überweisungsprogramm, das die progressive und retrograde Prüfbarkeit Ihrer Aufzeichnungen vom Beleg bis zur Steuererklärung gewährleistet und jede Änderung protokolliert,
- Nicht zuletzt: Nutzen Sie den Einsatz Ihrer motivierten und fachlich kompetenten Mitarbeiter. Delegieren Sie Aufgaben zur Unterstützung an diese,
um willkürlichen Hinzuschätzungen vorzubeugen und Ihre eigene Zeit für Ihre Patienten zu nutzen. Mithilfe des Programms „Praxis Online“ dokumentieren sie eine zeitnahe Erledigung der neuen Anforderungen. Sprechen Sie uns zur Nutzung von Praxis Online an. Unser Angebot der PSP Akademie www.psp-akademie.de unterstützt Sie unter anderem bei der Umsetzung der Vorgaben in Ihre Praxis.
Wer mag, den
"38seitigen Erlass" finden Sie hier auf unserer Homepage.