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02.05.2023

Einspruch gegen Grundsteuerbescheid: Optionen und Chancen

Die Grundsteuer ist eine Steuer, die in Deutschland auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden erhoben wird. Sie ist eine wichtige Einnahmequelle für Städte und Gemeinden und wird von diesen erhoben. Die Höhe der Grundsteuer hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Größe des Grundstücks und des darauf befindlichen Gebäudes sowie dem Wert des Grundstücks.
 
Die neue Grundsteuer soll ab dem Jahr 2025 erhoben werden. Bis dahin haben die Bundesländer Zeit, ihre Finanzämter auf die neue Berechnungsmethode vorzubereiten und die erforderlichen Daten zu erfassen. Die genaue Höhe der Grundsteuer wird auch zukünftig von den Städten und Gemeinden festgelegt, die jedoch auf Basis der neuen Berechnungsmethode vorgehen müssen. Das Bedeutet, dass Anhand bestimmter Berechnungsmodelle die Grundsteuer bestimmt wird.

Der Steuerzahlerbund und der Eigentümerverband Haus und Grund haben nun jedoch eine Studie des Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Gregor Kirchhof vorgestellt, der zu dem Schluss kommt, dass das in elf Bundesländern angewandte Gesetz des Bundes sei verfassungswidrig. Eines der neuen Grundsteuermodelle wird dabei beanstandet. Beide Verbände haben angekündigt, gegen die neue Berechnungsmethode der Grundsteuer zu klagen und sind der Auffassung, dass die neue Grundsteuer nicht funktioniert und zu einer deutlichen Mehrbelastung der Steuerzahler führen wird. Tatsächlich wurden viele Immobilien deutlich höher bewertet und es steht deshalb im Raum, dass mehr als 35 Millionen Immobilien neu berechnet werden müssen. Generell rät der Verband dazu, Einspruch gegen bereits verschickte Bescheide einzulegen.

Was bewirkt ein Einspruch?

Wenn die Einspruchsfrist abläuft, sind Steuerbescheide verbindlich, unabhängig davon, ob sie korrekt sind oder nicht. Wenn man den Bescheid also einfach akzeptiert, ohne Einspruch einzulegen, kann man später keine Vorteile aus neuen Rechtsentwicklungen ziehen. Allerdings ist Einspruch keine Garantie für Erfolg. Wenn man keine überzeugende Begründung hat, muss man innerhalb weniger Monate Klage beim Finanzgericht einreichen, um den Bescheid offen zu halten. Dieser Schritt ist mit Kosten verbunden und sollte nur unternommen werden, wenn es eine realistische Chance auf Erfolg gibt.

Den Bescheid offen halten, aber wie?

Es besteht vielfach das Bedürfnis, die Grundsteuerwertbescheide offen zu halten. Um das zu erreichen wurde bisher versucht Einsprüche gegen fehlerlose Bescheide unter kurzem Hinweis auf die mögliche Verfassungswidrigkeit einzureichen. Dabei wurde jedoch kein langfristiger Erfolg festgestellt, da die Finanzverwaltung den Einspruch ablehnt oder zeitnah dessen Rücknahme anregt. Es wird dabei unter anderem darauf verwiesen, dass die Bewertungsgrundlagen rechtswirksam sind, solange keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt.

Jedoch sind auch Einsprüche gegen fehlerlose Bescheide unter einem ausführlichem Hinweis auf die mögliche Verfassungswidrigkeit momentan wenig geeignet um ein langfristiges Offenhalten der Bescheide zu erreichen. Dieses Vorgehen dürfte nur erfolgreich sein, wenn damit eine finanzgerichtliche Klage bis hin zum Bundesverfassungsgerichts einhergeht. Dabei ist jedoch zu beachten, dass damit noch nicht geklärt ist, ob die beanstandeten Bewertungsgrundlagen auch wirklich verfassungswidrig sind und damit die Klage überhaupt eine Aussicht auf Erfolg hat. Alleine aus wirtschaftlichen Gründen bietet sich also ein Einspruchsverfahren nur dann an, wenn ein Verfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit anhängig ist. In diesem Fall würden die Einspruchsverfahren automatisch ruhen ohne größeren Aufwand oder Kosten zu verursachen.

Welche verfassungsrechtlichen Bedenken gibt es?

Öffnungsklausel und Verwaltungsaufwand

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen unter anderem bei der Öffnungsklausel. Diese sieht vor, dass die Länder noch eigene Regeln erlassen können, was in der Praxis dazu führt, dass Bewertungsverfahren in verschiedenen Bundesländern zwangsläufig zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Auch der Verwaltungsaufwand wird als Grund für einen Verfassungsverstoß angeführt. Zu diesem Schluss kommt auch das, bereits angesprochene, Gutachten von Prof. Dr. Kirchof.

Bodenrichtwert ist ein schwaches Datum

Weiter wird der Bodenrichtwert als statistisches Datum aus Fachkreisen unter bestimmten Aspekten als zu schwach angesehen und widerspricht damit dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn nur wenige oder stark unterschiedliche Objekte zum Vergleich herangezogen werden können.

Regionalen Unterschiede nicht ausreichend berücksichtigt

Die Berücksichtigung verschiedener gesetzlicher Berechnungsparameter wie Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszins, Miete und Normalherstellungskosten kann ebenso zu einer ungleichen Behandlung führen. Solange alle Grundstücke gleichermaßen unter- oder überbewertet werden würden, verstößt dies nicht gegen das grundgesetzliche Gleichbehandlungsgebot. Eine Ungleichbehandlung tritt jedoch auf, wenn die Bodenpreise und Mieten in einer Region stark ansteigen. Dies würde bei der Grundsteuer nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Mangelnde Berücksichtigung der Bausubstanz

Zu guter Letzt wird im Rahmen der Grundsteuer auch die Qualität der Bausubstanz lediglich anhand des Baujahrs bewertet. Solche vereinfachenden Bewertungen sind zwar im Steuerrecht zur Minimierung des Verwaltungsaufwandes erlaubt, allerdings hat die Einführung neuer grundsteuerrechtlicher Regelungen zur Folge, dass marode Bausubstanz nicht angemessen berücksichtigt wird. Selbst für stark heruntergekommene Immobilien wird eine Restnutzungsdauer  der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer angenommen, sofern sie theoretisch noch nutzbar sind.

Ob sich alle oder nur einzelne Bedenken durchsetzen und zu einer gesetzlichen Änderung führen, bleibt insgesamt abzuwarten.

Ergibt ein Einspruch für mich Sinn?

Wenn Sie eindeutig sagen können, dass Sie von einem oder mehreren genannten Bedenken betroffen sind, dann sollten Sie unbedingt einen Einspruch gegen den entsprechenden Bescheid einlegen. Wenn Sie von mehreren Bedenken betroffen sind, erhöht sich außerdem Ihre Aussicht auf Erfolg.

Wir halten Sie nach Möglichkeit über den Verlauf der Entwicklungen auf dem Laufenden. Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben oder sich unsicher sein, ob Sie betroffen sind, dann sprechen Sie uns an!





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