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23.02.2005

Plausibilitätsprüfung mit Zeitprofilen

Ein Gespenst geht um in deutschen Arztpraxen. Gestandene, erfahrene, erfolgreiche Kollegen, die viele Patienten betreuen, erzittern davor. Das Gespenst hat einen Namen: Es heißt Plausibilitätsprüfung mit Zeitprofilen. Seine Schöpfer sind aber nach wie vor sicher, dass es nur Gutes bewirken wird. Denn es soll dazu beitragen, die wenigen Abrechnungsbetrüger unter den niedergelassenen Kollegen zu entlarven.
 
"Wir haben ganz bestimmt kein neues Folterinstrument erfunden. Niemand will besonders fleißige Ärzte bestrafen, keiner hat ein Interesse daran, schnell arbeitende Kollegen auf eine Stufe mit Abrechnungsbetrügern zu stellen." Dr. Roland Stahl, Pressesprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, kann sich manchmal nur wundern. Wundern darüber, wie über die neue, bundesweit einheitliche Plausibilitätsprüfung mit Zeitprofilen diskutiert wird.

Stahl ist Optimist. Wenn das Prüfinstrument, das eng mit dem neuen EBM 2000plus verknüpft ist, richtig eingesetzt werde, gebe es vor allem einen Gewinner: die niedergelassenen Ärzte in Deutschland, die tagtäglich einen guten Job machen und ihre Leistungen korrekt abrechnen.

Wie aber funktioniert das bundesweit einheitliche Werkzeug gegen Abrechnungsbetrüger? Vielen abgerechneten EBM-Ziffern wird eine Prüfzeit in Minuten zugeordnet, die für eine qualitativ adäquate Leistungserbringung als mindestens erforderlich gilt. Die an einem Tag abgerechneten EBM-Ziffern werden - soweit aus Sicht von KBV und Kassen sinnvoll - zu einem Tagesprofil aufaddiert, die in einem Quartal abgerechneten zu einem Quartalsprofil. Nicht jede Ziffer ist für jedes Profil geeignet. So wird die Abrechnung des Ordinationskomplexes zum Beispiel nur für das Quartalsprofil genutzt.

Ab wann bleiben Ärzte in diesem Raster hängen? Als auffällig gelten Ärzte, die an mindestens drei Tagen im Quartal über zwölf Stunden pro Tag oder insgesamt mehr als 780 Stunden im Quartal abrechnen. Wichtig ist dabei, dass die einzelne Prüfzeit keine unproduktiven Zeiten wie die Dokumentation enthält.

Werden die Kollegen, die diese Meßlatten reißen, schon als Betrüger gebrandmarkt? "Nein", beruhigt Stahl. Schließlich könne es gute Gründe dafür geben, dass die Zeitlimits überschritten wurden. Wer auffällig wird, dessen Abrechnung werde anschließend lediglich genauer unter die Lupe genommen. Wie die weitere Prüfung im Detail abläuft, wird in jedem KV-Bereich festgelegt. "Ich bin sicher, daß Verfahren gefunden werden, die falsche Verdächtigungen so weit wie möglich verhindern", sagt Stahl.

Also alles kein Problem? Doch, räumt Stahl ein. Denn Fakt ist: Die Plausi-Prüfung mit Zeitprofilen ist im Vergleich zum gleichnamigen Vorgänger-Verfahren verschärft worden. Die Konsequenz nach Prognosen von KBV-Experten: Mehr Kollegen als bisher werden auffällig und müssen damit rechnen, unerfreuliche Post von ihrer KV zu bekommen. Pikant ist daran, dass die Minutenwerte, die den EBM-Ziffern zugeordnet worden sind, von manchen Praktikern als unrealistisch hoch bezeichnet werden. Das würde heißen, dass schnelle Kollegen grundlos auffällig werden.

(Von Martin Schwarzkopf mit freundlicher Unterstüzung der GBB)





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